Ausgangspunkt dieses Buches ist die These, dass ›Kraft‹ als Paradigma einer bestimmten Epoche der europäischen Kulturen zu gelten hat: von der französischen Revolution über die Industrialisierung bis zum beginnenden 20. Jahrhundert. Ohne Übertreibung kann sie für diesen Zeitraum auch als ein »transzendentales Prinzip« (Rabinbach) bezeichnet werden, das in so unterschiedlichen Feldern wie der Physik, der Ökonomie, der Politik, der Philosophie, der Psychologie oder der Ästhetik konstituierend gewirkt hat.
Die Beschäftigung mit Unfällen allerdings zeigt, dass solche hervorbringenden oder produktiven Wirkungen der Kraft unvermeidlich mit der Gefahr des Kontrollverlustes verbunden waren. Ungeplante Entfesselungen oder Entladungen sind als Drohung in einer Epoche der Dampfmaschinen, Industrieanlagen, Sprengstoffexperimente, Menschenmassen, Triebhaushalte oder Sportexzesse stets präsent gewesen; nicht selten als das Umschlagen in eine ebenso spektakuläre wie katastrophische Realität.
Ziel der in diesem Buch versammelten Aufsätze ist es, die Ambivalenz des Kraft-Paradigmas zu verfolgen. An verschiedenen Techniken, Materialien und Praktiken wird gezeigt, dass zum In-Form-Bringen der Kraft immer auch deren Aus-der-Form-Geraten gehört. So pendelt das 19. Jahrhundert zwischen zwei Ereignisfiguren: der Zirkulation und der Zerstreuung, als Kraftausübung und Kraftausbruch.
Zeichen der KraftWissensformationen 1800-1900
Mit Beiträgen von Christoph Asendorf, Robert Brain, Thomas Brandstetter, Philipp Felsch, Günter Gödde, Ethel Matala de Mazza, Kai Marcel Sicks, Bernhard Siegert, Juliane Vogel, Joseph Vogl, Christof Windgätter, M. Norton Wise.