Wer sucht, der findet noch heute in den Depots einiger Museen lebensgroße Menschenfiguren, mit denen um 1900 Angehörige der so genannten »Naturvölker« nachgebildet und dem europäischen Publikum präsentiert wurden. Wer stellte sie vor, wo und warum? Ging es um bloße Volksbelustigung, um politische Propaganda oder um ein lukratives Geschäft? Waren wissenschaftliche Interessen im Spiel? Welche Geschichte verbirgt sich in den Figuren? Während der deutschen Kolonialzeit und darüber hinaus dienten die »Menschenbilder« zu Ausstellungszwecken aller Art. Eine Hamburger Händlerfamilie mit dem sprechenden Namen Umlauff stellte sie her – nach zeitgenössischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und den herrschenden ästhetischen Standards der Naturtreue. Das Wirtschaftsunternehmen wies seine Menschenbilder als »lebensecht« aus: Sie sahen echt aus, waren es aber nicht. Von dieser Konstruktion profitierte auch die aufstrebende deutsche Wissenschaft vom Menschen. Anhand von »Völkertypen« begründete die Anthropologie ihre eigene Seriosität – und nicht zuletzt das eigene »Echte« der Deutschen. »Papua«, »Massai«, »Oglala-Sioux«, »Buschmann« und viele andere fanden sich im Figurenrepertoire der Firma Umlauff. Sie produzierte Klischees im doppelten Sinn – kulturelle Klischees des Anderen und technische Klischees für die unbegrenzte Reproduktion identischer Kopien. Effekte von beidem sind bis heute im Umlauf.
Buch Taschenbuch, broschiert
Juli 2006
308 Seiten
81 Abbildungen
15 x 23 cm
ISBN 978-3-931659-81-3 9783931659813
Buch
29,80 €
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