Julian Drews

Lebenswissen und AutobiographikSantiago Ramón y Cajal und Wilhelm Ostwald

Der Mensch in der Moderne lebt in einem Spannungsverhältnis zwischen all dem, was nun menschenmöglich erscheint und dem, was er als Einzelner, aufgrund seines beschränkten Kräftehaushalts, zu leisten vermag. Die notwendige Spezialisierung in einem beschränkten Feld schließt ihn, wie Max Weber es in »Wissenschaft als Beruf« darstellt, von vielen anderen Bereichen aus. Besonders eklatant wird dies in der Zeit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert empfunden, welche die verschiedensten Versuche hervorbringt, Synthesen zwischen den ausdifferenzierten Wissensgebieten herzustellen. Einen besonderen Stellenwert hat hier das Wissen der Naturwissenschaftler, auf welche noch der materialistische und positivistische Optimismus des 19. Jahrhunderts wirkt.
An den Autobiographien des spanischen Histologen Santiago Ramón y Cajal (1852-1934) und des deutschen Chemikers Wilhelm Ostwald (1853-1932) zeigt sich exemplarisch, wie naturwissenschaftliche Spezialisten als Autoren auf dieses Spannungsverhältnis reagieren. In drei Kapiteln führt die literaturwissenschaftliche Untersuchung vor, wie die Autoren sprachliche Formen aus ihrer Spezialisierung entlehnen und für die Darstellung des eigenen Lebens nutzen. Historisch führt die Lektüre zu dem Schluss, dass in diesen Texten eine Verschiebung des Positivismus aus der Philosophie in die Autobiographik stattfindet.
Systematisch stellt der im Band entwickelte Begriff des biographischen Lebenswissens einen Versuch dar, das Leben des Einzelnen für die Sinngebung im Text starkzumachen, ohne in Biographismus oder ein Konzept starker Autorschaft zurückzufallen.

Buch Taschenbuch, broschiert

Kaleidogramme, Band 122

Mai 2015

268 Seiten

15 x 23 cm

ISBN 978-3-86599-252-9

Leseprobe

Buch
29,80 € inkl. MwSt.zzgl. Versandkosten

Julian Drews

Julian Drews ist Romanist und Literaturwissenschaftler. Aktuell arbeitet er als Koordinator im BMBF-Verbundprojekt »Alexander von Humboldts Amerikanische Reisetagebücher« der Universität Potsdam und der Staatsbibliothek zu Berlin-Preußischer Kulturbesitz.

schließen

Diese Website verwendet Cookies, um bestmöglichen Service zu bieten.
Nähere Informationen finden Sie auf den Seiten Datenschutz und Impressum.