Die Fallgeschichte ist in der Moderne eines der grundlegenden Narrative und Erkenntnisinstrumente nicht nur der wissenschaftlichen, sondern auch der populärkulturellen Beschreibung des Menschen, welche die Charakterisierung eines Individuums und seiner konkreten Lebensumstände mit grundsätzlichen anthropologischen Einsichten zu verbinden sucht. Großen Anteil an dieser Erfolgsgeschichte des Falls hat eine um 1800 sich vollziehende fundamentale Umstellung der Epistemologie der Fallgeschichte, welche den Fall ausgehend von der Konstruktion eines Subjekts zu denken beginnt, das gerade aufgrund seiner Einzigartigkeit für andere Individuen repräsentativ sein soll. Die Untersuchung geht dieser Verschiebung nach, indem sie anhand von Johann Wolfgang von Goethes »Leiden des jungen Werthers«, Friedrich Schillers »Verbrecher aus verlorener Ehre«, Karl Philipp Moritz‘ »Aus K…s Papieren« und E.T.A. Hoffmanns »Der Sandmann« vier zentrale Formationen des modernen Falldenkens analysiert und in diesen Analysen insbesondere solchen Interaktionen zwischen literarischen und psychologischen Beschreibungsmustern nachspürt, welche bis heute das Verständnis und die Regierung des Menschen prägen.
Buch Taschenbuch, broschiert
Kaleidogramme, Band 148
April 2017
282 Seiten
15 x 23 cm
ISBN 978-3-86599-346-5 9783865993465
Buch
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