Jean-François Champollion ist eine der schillerndsten Figuren der europäischen Wissenschaftsgeschichte. Seine Entzifferung der ägyptischen Hieroglyphen steht für die triumphalen Erfolge der Philologie im 19. Jahrhundert. Die oft wiederholte Erzählung des »Geniestreichs« vergisst aber gern die erkenntnistheoretischen Bedingungen und die ideologischen Kämpfe, in denen dieser sich in Zeiten der Restauration bewährt und durchsetzt. Das Buch erzählt daher einiges von dem, was die ›große Geschichte‹ der Entzifferung erst ermöglicht – erkenntnistheoretisch, politisch und materiell.
Champollions neues Verständnis des ägyptischen Altertums gehört dabei zum Anspruch der europäischen Moderne, Welt und Humanität im Sinne einer großen Fortschrittsgeschichte zu erfassen und in den europäische Metropolen zu zentrieren, und legt dabei gerade aufgrund seines Erfolges den Blick auf den Preis dieses Anspruchs frei: Die beschädigte Welt selbst stellt sich darin quer. Auch wenn er jetzt seinen fatalen Siegeszug erst richtig antritt, ist der imperiale Universalismus Europas doch von Anfang an auch in der Selbstwahrnehmung – jedenfalls seiner klugen Köpfe – vergiftet. Champollions Brief an den ägyptischen Vizekönig Mehmet Ali Pascha aus dem Jahr 1829, in dem er eine Reglementierung der Ausgrabungen fordert, ist in dieser Hinsicht aufschlussreich und hat in seiner historischen Komplexität wenig an Aktualität verloren.
Champollions HieroglyphenPhilologie und Weltaneignung
»Ein glänzend geschriebenes Buch, das nicht nur einen Beitrag zur Geschichte globaler Philologien, sondern auch zu den aufklärerischen und gegenaufklärerischen Hintergründen gegenwärtiger Restitutionspolitik leistet.«
Marcel Lepper (Geschichte der Germanistik. Historische Zeitschrift für die Philologien)
»Insgesamt ist dem Autor eine kurze und kurzweilige, dabei jedoch hochinformative Studie zur Wissenschaftskultur des 19. Jahrhunderts gelungen.«
Ernst-Christian Steinecke (Zeitschrift für Germanistik)
»Man ahnt, welcher gelehrte Wälzer daraus hätte werden können – und ist erst recht davon eingenommen, wie elegant der Autor mit knappem Raum auszukommen weiß.«
Helmut Mayer (Frankfurter Allgemeine Zeitung)